Ein Gebäude durchschreiten, das es noch gar nicht gibt. Per Tastendruck Versorgungsleitungen, Schächte, Rohre und Anlagen sichtbar machen, die gewöhnlich hinter Wand- und Deckenverkleidungen verschwinden. Einen Konferenzraum oder ein Labor besichtigen samt Arbeitsplätzen und technischer Ausstattung, noch bevor auch nur ein einziger Bagger auf der Baustelle angerollt ist. Das ist nicht Science fiction, sondern Realität.
„Wir entwickeln als Berater und Generalplaner hochkomplexe Gebäude für die Wissenschaft und Forschung “, erklärt Dirk Beyer, geschäftsführender Partner bei unserem ABE-Mitglied Carpus+Partner AG, einem international tätigen Beratungs- und Planungsunternehmen mit 300 Mitarbeitern an vier Standorten in Deutschland. „Als Partner der Life-Sciences- und Hightech-Industrie zählen zu unseren Kunden mittelständische und global operierende Pharma- und Biotech-Unternehmen, Unternehmen der forschenden Industrie sowie Hochschul- und Forschungsinstitute.“
Dank einer Kooperation mit dem Virtual Reality Center der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen können die Carpus-Planer die sogenannte „Cave“ nutzen, einen Raum, der die dreidimensionale Projektion der Gebäudemodelle schon in einer sehr frühen Phase ermöglicht. Bauherren, künftige Nutzer und die Planer können sich dort virtuell durch das Bauwerk bewegen und so präzise ermitteln, was gewünscht ist und wie sich das auf die Planungen beispielsweise von Geschosshöhen oder Technik- und Bewegungsflächen auswirkt.
So innovativ wie das international agierende Aachener Planungsbüro ist nur ein kleiner Teil der Branche. „Die Digitalisierung in der Bauwirtschaft ist ein fortschreitender Prozess“, sagt Professor Bernd Döring, Leiter des Studienganges Smart Building Engineering der Fachhochschule Aachen. Für große und komplexe Bauvorhaben sei das „Building Information Modelling“, kurz BIM, schon heute Standard. Die Digitalisierung ermögliche eine wesentlich höhere Planungsqualität und besser koordinierte Abstimmungsprozesse. Trotzdem, so sagt Döring, sei man von einer „Bauwirtschaft 4.0“ insgesamt noch ein ganzes Stück weit entfernt.
Ein gravierendes Problem ist der Mangel an Fachkräften, die die Brücke schlagen zwischen dem eher traditionell-analogen Baugewerbe und der digitalen Welt. An der Fachhochschule Aachen wurde deswegen auf Betreiben und mit Unterstützung zahlreicher Unternehmen aus der Region unter der Regie von Bernd Döring der Studiengang „Smart Building Engineering“ entwickelt. „Die Studierenden beschäftigen sich fachübergreifend mit architektonischen und bauplanerischen Fragestellungen, Versorgungstechnik sowie Elektro- und Informationstechnik – es ist die zeitgemäße Weiterentwicklung der technischen Gebäudeausrüstung.“ Rund 90 Teilnehmer verteilen sich bislang auf die beiden ersten Jahrgänge – sie werden von den Unternehmen schon jetzt umworben.
Quelle: https://www.welt.de/print/die_welt/article206599461/Virtuell-durch-den-Neubau.html