Unauffällig ist er nicht gerade, der „Corona Bumper“: Ein zwölfeckiger Abstandsmesser aus Plastik, der in Zeiten von gebotenen Abstandsregeln trotz vieler Lockerungen automatisch die Distanz zum Gegenüber misst – und vibriert, falls Menschen sich zu nahe kommen. Er funktioniert nur, wenn beide Parteien ihn tragen und lässt sich entweder um den Hals hängen oder wie eine Uhr als Armband benutzen. Trotz des auffälligen Erscheinungsbildes ist Maaged Mazyek von seinem Produkt überzeugt: „Das Virus wird uns im Leben weiter begleiten, und wir wollen einen Beitrag in dieser Zeit leisten.“
Der 35-Jährige ist Geschäftsführer und Gründer des Aachener Start-ups Wegzwei, das den „Corona Bumper“ erfunden hat. Er gebe den Menschen den siebten Sinn für Abstandsgebote. „Bumper“ bedeutet auf Deutsch „Stoßstange“: „Wir benötigen diese Art virtuelle Stoßstange, wenn wir zusammenkommen, da wir uns dann auf andere Dinge konzentrieren und Abstandsregeln vergessen“, sagt er.
Wenn jemand den „Corona Bumper“ trägt, erfolgt die etwa achtsekündige Vibration einmal nach 30 Sekunden, wenn der Abstand zum Gegenüber geringer als zwei Meter ist. Arbeitgeber und Veranstalter können diese Standardwerte mithilfe einer kostenfreien Handy-App von Wegzwei individuell verändern. „So soll das Gerät zum Beispiel im Büroalltag nicht direkt losgehen, wenn man nur mal kurz jemandem über die Schulter und auf den Rechner guckt“, erläutert Mazyek, der außerdem betont: „Privatnutzer können den Bumper zwar auch erwerben, aber er ist eher für geschlossene Systeme gedacht.“
Einsatzmöglichkeiten gebe es in Bürogebäuden mit vielen Mitarbeitern, denen ermöglicht wird, wieder gemeinsam in Meetings zu gehen und in Kantinen zu essen. Außerdem eigne sich der Bumper für Produktions- oder Lagerhallen, Zoos oder temporäre Veranstaltungen wie Vorträge, Konzerte und Messen. „Ich sehe ihn als Hilfsmittel, um bei einer möglichen zweiten Corona-Welle nicht wieder in einen Shutdown verfallen zu müssen, sondern Veranstaltungen trotzdem stattfinden zu lassen“, sagt Mazyek.
In der Umhänge- beziehungsweise Armbandversion befinden sich ein Bluetooth-Sensor, der den Abstand misst, zwei AAA-Batterien beziehungsweise eine Knopfzelle, die nach zwei bis drei Monaten beziehungsweise vier bis acht Wochen ausgewechselt werden müssen, und Elektronik, die die Vibration steuert.
Der „Corona Bumper“ lässt sich von dem Unternehmen entweder tageweise beziehungsweise wochenweise mieten oder direkt erwerben. Die Preise für die Versionen als Umhängeband oder Armband unterscheiden sich je nach bestellter Menge. Ein Bumper in der Umhängeversion kostet 44 Euro; das Modell als Armband 52 Euro.
Die Mitarbeiter produzieren nach Angaben von Mazyek in zwei Werkstätten an der Aachener Mozartstraße mithilfe von 3D-Druckern bis zu einige tausend Stück selbst. Vor etwa einem Monat seien sie mit der Testversion auf den Markt gegangen; Mitte Juli habe das Start-up die ersten Bestellungen an ein Krankenhaus, ein Stahlbau- und Pharmaunternehmen in Nordrhein-Westfalen sowie an ein Speditionsunternehmen aus Niedersachsen geschickt. Außerdem gebe es eine Anfrage eines Unternehmens aus den USA.
Warum es den „Bumper“ in dieser Form benötigt und nicht als Handy-App, begründet Gründer Mazyek damit, dass Mobiltelefone in der Abstandsmessung ungenauer seien. Außerdem sei der Stromverbrauch beim „Bumper“ geringer und es gebe keine Rückverfolgbarkeit. Deswegen sei er auch nicht mit der Corona-Warn-App vergleichbar: „Mit der App werden Infektionsketten verfolgt; beim ‚Bumper’ ist keine Ortung möglich“, erläutert er.
Mazyek hat Wegzwei im Jahr 2016 mit der Idee gegründet, Navigationssysteme für große Gebäude anzubieten. Die Pandemie habe sein Unternehmen mit den acht Mitarbeitern stark getroffen, sagt er. Nichtsdestotrotz wolle das Start-up nicht den Kopf in den Sand stecken und arbeite deshalb an neuen Produkten – wie eben am „Corona Bumper“.
Quelle: https://www.aachener-zeitung.de/wirtschaft/das-aachener-unternehmen-wegzwei-erfindet-den-corona-bumper_aid-52422927, https://wegzwei.com/corona-bumper/